Laienwerbung

Darf für den Tipp zum Verkauf eines Hauses eine Prämie von € 500,00 gezahlt werden?

Das Maklergeschäft lebt von Informationen. Letztendlich bedeutet die Nachweistätigkeit effektiv den erfolgsabhängigen Verkauf von Informationen. Oft sind es private Personen, die als erste die Information über eine Verkaufsgelegenheit oder auch das Kauf-/ Mietinteresse eines potentiellen Kunden erhalten. Was liegt also näher, als dem Verbraucher eine Prämie für seine Zuarbeit zu bieten? Hierbei sind allerdings die wettbewerbsrechtlichen Regeln, welche die Rechtsprechung für die Laienwerbung aufgestellt hat, zu beachten.

Was ist Laienwerbung?

Beim Aufruf an Verbraucher, als Zubringer für künftige Geschäfte tätig zu werden, handelt es sich um so genannte Laienwerbung. Für das „Einspannen“ von Verbrauchern in die geschäftliche Werbung gelten andere Grenzen als bei freien Mitarbeitern oder Maklerkollegen. Es besteht nach der Auffassung der Justiz nämlich die Gefahr, dass die Privatsphäre kommerzialisiert würde. Es drohe außerdem neben der Belästigung der Umworbenen das Risiko, dass ein Verbraucher seine Beziehung zu Verwandten, Freunden und Bekannten missbrauche. Möglicherweise werde er die Empfehlung als persönlichen Rat tarnen, um die ihm tatsächlich gezahlte Prämie zu verbergen. Auch bestehe nach der bisherigen Rechtsprechung das Risiko, dass der Kunde den Vertrag lediglich aus Rücksicht auf den werbenden Bekannten abschließe. Das zwischenmenschliche Vertrauen innerhalb der Privatsphäre müsse daher vor übermäßiger Laienwerbung durch Zulässigkeitsvoraussetzungen geschützt werden, die über den Anforderungen der gewöhnlichen Werbung liegen.

Neue Regeln für die Laienwerbung – Ausweitung erlaubt

Zur Vermeidung einer geschäftlichen Durchsetzung der Privatsphäre hatte es der Bundesgerichtshof beispielsweise bisher verboten, den Betrag von DM 1.000,00 oder ca. 20 % der Provision für die erfolgreiche Empfehlung über den Verkauf eines Baugrundstücks auszuloben (Urteil 27. Februar 1981-I ZR 75/79, GRUR 1981, S. 655). Sogar Prämien, die bei DM 40,- bis 50,- lagen, wurden bei der Wohnungsvermittlung als unzulässig angesehen. Die bisherige Ansicht zu den Kriterien für die Laienwerbung hat sich nun gelockert und wird teilweise durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Juli 2006 I ZR 145/05 relativiert. Der Bundesgerichtshof führt in seinem neuen Urteil aus:

„Nach der Übernahme des europäischen Verbraucherleitbildes und im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber sachfremde Zuwendungen nicht mehr so streng beurteilt wie früher,“ sei an den Maßstäben der bisherigen Rechtsprechung nicht mehr uneingeschränkt festzuhalten. „Nach der Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung kann aus der Gewährung von nicht unerheblichen Prämien allein die Wettbewerbswidrigkeit der Laienwerbung nicht mehr hergeleitet werden. Die grundsätzliche Freigabe von Rabatten beruht auf einem gewandelten Verbraucherleitbild.“

Neue Lauterkeitsgrenzen

Nach dem neuen Urteil (I ZR 145/03) ist es also zulässig, Prämien auszuloben, die nicht nur geringfügig sind. In Zuge des Wegfalls von Rabattgesetz und Zugabeverordnung sieht der Bundesgerichtshof alleine im Gewähren finanzieller Vorteile noch keinen Wettbewerbsverstoß. Auch bestehe wegen gewandelter gesellschaftlicher Verhältnisse keine Gefahr mehr, dass der Kunde allein aus Gefälligkeit gegenüber dem Laienwerber den Vertrag abschließe. Der BGH erkennt durchaus an, dass

„der Versuch einer gewissen unsachlichen Beeinflussung in der Werbung nicht fremd und nicht per se unlauter“ sei.

Nun gilt eine Prämie erst dann als unzulässig, wenn sie a) einen nicht nur unerheblichen Wert (ca. 30,- € !) überschreite, sondern außerdem b) weitere Faktoren hinzukommen, die das Ausloben der Prämie als unlauter erscheinen lassen. Die nachfolgend genannten Umstände können beispielsweise dazu führen, dass eine an und für sich zulässige Laienwerbung unzulässig wird.

Besonders Hohe Prämie

Die Prämie erreicht eine Höhe, die einen übertriebenen Anreiz auf den geschäftlichen Laien ausübt. Wenn dieser übertriebene Anreiz dazu führt, persönliche Beziehungen zu missbrauchen, unlautere Mittel wie Irreführung und Belästigung einzusetzen, würde die Prämie unzulässig. Bei dieser Beurteilung ist die Höhe der Prämie sowohl in Relation mit dem Aufwand für den Laienwerber, als auch mit dem Wert der Leistung des avisierten Kunden (Kaufpreishöhe) zu setzen. Weil von der bisherigen Rechtsprechung außerdem für die Beurteilung, ob ein übermäßiger Anreiz bestehe der Anteil an der vom Makler selbst verdienten Provision berücksichtigt wurde, sollten außerdem 20 % der Provision als Prämie unterschritten werden.

Verdeckung des Prämieninteresses

Unzulässig wird Laienwerbung ebenso dann, wenn die Werbung darauf ausgelegt ist, dass der geworbene Kunde nicht erfährt, dass ein anderer eine Prämie erhalten hat. Eine Absicherung bei diesem Kriterium kann durch einen Coupon erfolgen, den der Laienwerber dem Unternehmer über den Kunden aushändigen lassen muss.

 Einsatz von E-Mail

Die geschäftliche Versendung von E-Mail an einen Empfänger, der nicht mit dem Unternehmer in Geschäftsbeziehung steht, ist verboten (BGH, Urteil v. 12.3.2004 – I ZR 81/02; Landgericht Berlin, Urteil v. 2.7.2004 – 15 O 653/03). Wird ein Verbraucher als Laienwerber eingesetzt, um dieses E-Mail-Versendungsverbot zu umgehen, beispielsweise im Rahmen eines Freundschaftswerbesystems oder mit so genannter progressiver Kundenwerbung, überschreitet die Laienwerbung wiederum die Schwelle der Unzulässigkeit (so das Landgericht München I, 4 HK O 9685/02).

Sondergesetze

Der neuen Gerichtsentscheidung lag eine Klage gegen die Optikerkette „A…“ zu Grunde. Die Optikerkette hatte für die Vermittlung eines Kunden, der eine hochwertige Gleitsichtbrille kauft, als Prämie eine Kaffeemaschine, einen Raclette-Grill, einen Wasserkocher, ein Blutdruckmessgerät, Reisetaschen oder bei Zuzahlung ein elektrisches Fieberthermometer angeboten. Das Gericht schätzte den Wert dieser Prämien mit jeweils etwa 30,- € ein. Bei einer üblichen zu verkaufenden Ware wäre diese Werbung zulässig gewesen. Bei Brillen handelt es sich allerdings um Medizinprodukte, für welche das Heilmittelwerbegesetz gilt. Allein aus diesem Grund war die gerügte Werbung unzulässig. Bei der Immobilienbranche bestehen ebenfalls Sondergesetze, welche zusätzlich zu beachten sind. Hier ist zum Beispiel an das Wohnungsvermittlungsgesetz zu denken, die Preisangabenverordnung und auch an das allgemeine Irreführungsverbot des UWG, das natürlich auch für die Prämie gilt.

Konkret: Prämien von 500,- € zulässig?

Was ist also mit einer Prämie von 500,- €? Darf dieser Betrag einem Verbraucher für den Tipp eines Immobiliengeschäfts gezahlt werden? Eine Prämie ist zusammengefasst dann zulässig, wenn a) die Prämienzahlung nicht vor dem Kunden geheim gehalten wird und b) die Prämienhöhe mäßig ist und somit den Laienwerber nicht zu unwahren Aussagen oder einer Belästigung hinreißt. Einen Unterschied macht es natürlich, ob die 500,- € für einen Verkauf oder für eine Wohnungsvermietung geboten werden. Offen gelassen hat der Bundesgerichtshof, bei welcher Prämienhöhe diese Kriterien eingehalten werden. Fest steht, dass die alten Grenzen nicht mehr gelten, also beispielsweise der Betrag von € 30,00 auf jeden Fall zulässig ist. Dieser Betrag ist für die Immobilienbranche allerdings uninteressant. Allein eine besonders originelle Prämie (also nicht die Kaffeemaschine) kann bei diesem Wert die gewünschte Anziehungskraft ausüben.

Bei einem Betrag von € 500,00 ist allerdings weiterhin davon auszugehen, dass dieser Betrag einen erhöhten Anreiz auf den privaten Werber ausübt. Erlaubt ist die 500,-€-Prämie eher im Verkaufsfall als bei der Vermietung. Da 500,- € für den durchschnittlichen Verbraucher aber bereits einen nicht zu unterschätzenden Anreiz bilden, der durchaus zur nicht objektiven Beratung im Freundeskreis führen kann, ist auch beim Verkauf der Betrag von 500,- € für die üblichen Objekte (Baugrundstück, ETW, EFH) als kritisch anzusehen. Offenbar aus diesem Grund ist zu beobachten, dass z.T. der Betrag von 444,- € für die Vermittlung eines Eigentumswohnungs-Käufers ausgelobt wird.

Es ist davon auszugehen, dass sich die zulässigen Werbeprämien bei € 100,00 – 200,00 einpendeln werden. Eine detaillierte Rechtsprechung hierzu existiert allerdings noch nicht. Die weitere Entwicklung des neuen Vorstoßes des Bundesgerichtshofs bleibt abzuwarten.

Zusammenfassung

Während in der Vergangenheit generell das Ausloben von Prämien für den erfolgreichen Tipp zu Immobiliengeschäften unzulässig war, können nach der neuen Rechtsprechung Belohnungen an private Hinweisgeber gezahlt werden. Das Angebot an den Laienwerber darf aber nicht dazu führen, dass der Tippgeber zu unwahren Aussagen verleitet oder der Geschäftspartner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt wird. Es sind daher weiterhin maßvolle Beträge zu wählen, die sich allerdings nicht streng an die bisherige Grenze von ca. 25,- € halten müssen. Auch beim Einsatz von Laienwerbern ist darauf zu achten, dass die ansonsten geltenden Werbevorschriften nicht umgangen werden.

Gestaltung von Tipp-Prämien

- Laienwerbung darf nicht auf Verdeckung der Prämie ausgelegt sein.

- Übermäßige Anreize sind zu vermeiden, hohe Beträge bzw. 20 % der Provision.

- Der Prämienempfänger darf von der Prämienhöhe nicht zu Falschangaben oder Belästigungen verleitet werden.

- Bei der Prämienhöhe ist die Relation sowohl zum Kauf-, Mietpreis, als auch zum Aufwand des Laienwerbers zu berücksichtigen.

- Bisher unzulässig: DM 1.000,- ; von der neuen Rechtsprechung offen gelassen

Berlin, den 7. Januar 2007

 

Ulrich Joerss